Mobilfunk als Brummton-Ursache?

Immer wieder werden Vermutungen geäußert, dass der Mobilfunk den Brummton verursacht. Nach meinem aktuellen Kenntnisstand ist dies jedoch unwahrscheinlich. Nachfolgend möchte ich gern erläutern, wie ich zu dieser Einschätzung komme.

Das wichtigste Argument, das gegen den Mobilfunk spricht, ist, dass Mobilfunk hochfrequente elektromagnetische Strahlung ist. Diese Strahlung ist vereinfacht gesagt eine Art Licht, die wir Menschen nicht sehen können (vgl. [1]). Beim Brummton handelt es sich dagegen um niederfrequenten Schall bzw. um Vibrationen. Schall entsteht, wenn Luftmoleküle in Schwingung versetzt werden (vgl. [2]). Man sollte also diese beiden Dinge nicht vermischen. Es ist zwar möglich, dass sehr starke elektromagnetische Strahlung Geräuschempfindungen hervorrufen kann [3], aber dafür muss die Strahlungsleistung sehr hoch sein. So hoch kommen weder Mobilfunkmasten (auch Mobilfunk-Basisstationen genannt) noch Handys oder Smartphones.

Ein weiterer Punkt, der gegen Mobilfunk als Ursache für den Brummton spricht, ist die Charakteristik von elektromagnetischer Strahlung. Ich habe mich schon einmal damit beschäftigt und dazu mit einem Messgerät die Strahlungsintensität für die typischen GSM- und UMTS-Frequenzbänder in verschiedenen Wohnungen gemessen. Das erste, was mir dabei auffiel, war, dass die Strahlungsstärke sehr stark variiert – je nachdem, wo man sich befindet. Während sie manchmal in einer Ecke des Zimmers normal war, war sie in einer anderen Ecke viel niedriger. Außerdem schwankt die Strahlung an der gleichen Stelle oft. Der Brummton dagegen ist meistens in der gesamten Wohnung oder im gesamten Haus gleich gut hörbar. Oft kann man ihn sogar im Keller hören. Dort kommt Mobilfunkstrahlung normalerweise kaum hin. Man kann das ausprobieren, indem man sich mit einem Handy im Keller bewegt und dabei die Anzeige für die Empfangsstärke betrachtet. Diese wird in den meisten Fällen viel niedriger sein als in Wohnungen über dem Keller.

Eine oft übersehene Tatsache ist die Sendeleistung von Smartphones bzw. Handys. Diese ist gerade während eines Gesprächs um ein Vielfaches höher als die Sendeleistung von Mobilfunkmasten. Von der Strahlung eines Mobilfunkmastes kommt in den Wohnungen dagegen viel weniger an als man glaubt, da die Strahlungsintensität mit wachsender Entfernung zum Mast sehr schnell abnimmt. Wenn also der Mobilfunk den Brummton verursachen würde, müsste das Brummen während eines Handytelefonats besonders stark sein. Ich habe bisher jedoch weder selbst eine entsprechende Beobachtung gemacht noch Berichte über diesen Zusammenhang gehört. Gegen den Mobilfunk spricht auch, dass viele Betroffene den Brummton vor allem nachts verstärkt hören. Also zu der Zeit, in der kaum jemand mit dem Handy telefoniert.

Man soll mich hier nicht falsch verstehen. Ich sehe die Mobilfunk-Technologie nicht unkritisch, da beispielsweise die Grenzwerte in Deutschland höher sind als in anderen Ländern. Auch gibt es genug Hinweise darauf, dass elektromagnetische Strahlung Bio-Organismen auf verschiedene Arten beeinträchtigen kann. Es besteht also noch genug Forschungsbedarf in diese Richtung. Aber dass der Mobilfunk etwas mit den tieffrequenten Ton zu tun hat, der immer mehr Menschen in der Region Stuttgart und in anderen Teilen der Welt plagt, ist aus oben genannten Gründen sehr unwahrscheinlich. Die Mobilfunkmasten sieht man überall und ist daher möglicherweise eher geneigt, bestimmte Sorgen und Ängste auf sie zu projizieren. Aber man sollte sich hier nicht verunsichern lassen und lieber in Richtungen forschen, die plausibler erscheinen. Das sind vor allem mechanische Anlagen wie z. B. Industrieanlagen, Kühlaggregate, Blockheizkraftwerke, Luft-Wärmepumpen oder Gasverdichteranlagen.

Max Kisselew

Quellen:

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Elektromagnetische_Welle
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Schall
[3] Elder, J. A. und Chou, C. K. (2003): Auditory Response to Pulsed Radiofrequency Energy. In: Bioelectromagnetics Supplement, 24(6): 162-173. Download unter http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/bem.10163/pdf

 

Letztes Update am 23.09.2016